Wie beginnt man über etwas zu reden, was man selbst eigentlich verdrängen will? Wie findet man Worte zu einem Thema das einen sein halbes Leben lang in den Abgrund getrieben hat? Viele Menschen reden nicht gern über ihre Probleme, sie warten lediglich ab bis sie von alleine verschwinden, was sich dann im allgemeinen Volksmund „darüber hinwegkommen“ schimpft. Was ist, wenn man das nicht kann? Was ist, wenn das Gehirn einfach vehement davon überzeugt ist, dass dieser Schmerz notwendig ist, dass es wichtig ist, das man immer weiter dieses schwarze Loch füttert, dass einen langsam von innen auffrisst? Meiner Meinung nach bleibt nur die Option zu akzeptieren, dass es so ist. Ich habe eingesehen das es sinnlos ist, weiter gegen etwas anzukämpfen was offensichtlich so „ich“ ist.
Ist diese Einstellung hilfreich? Nein. Der Schmerz bleibt der gleiche, das Chaos bleibt das gleiche und die kleinen Dämonen in einem werden nur noch stärker. Eine meiner liebsten Passagen aus einem Song von Bring me the Horizon, spiegelt diese ganze Angelegenheit hervorragend wider.
„I’m scared to get close, and i hate being alone. I long fort hat feeling to not feel at all. The higher I get, the lower I’ll sink. I can’t drown my demons, they know how to swim.“
Es ist nicht richtig von mir, mich anderen Menschen emotional zu nähern, weil ich weiß, dass ich sie von Anfang an belügen werde. Jedes „du bist alles“ und „ich liebe dich“ mag vielleicht ehrlich gemeint sein in der jeweiligen Situation, aber tief in mir weiß ich das diese Worte für jemand anderes bestimmt waren. Jahre lang habe ich diese Scharade aufrechterhalten und mir eingeredet das ich es ernst meine, so oft habe ich Menschen dafür ausgenutzt, weil ich einfach nicht wahrhaben wollte das es eine absolute Tortur für mich wäre alleine zu sein. Immer und immer wieder bin ich mit Vollgas in den Abgrund und habe auf diesem Höllentrip jemanden mit mir mitgerissen, der es absolut nicht verdient hatte. Die logische Schlussfolgerung war nur das mir am Ende das widerfährt, was ich am meisten fürchtete, alleine mit meinen Gedanken zu sein. Selbst wenn es eine Weile funktioniert hat und ich gemeinsam mit einer großartigen Person auf den höchsten Wellen geritten bin, war der Absturz in die schwarzen Tiefen meiner Seele nur um so härter. Nicht weil ich es wollte, nein, ich wollte Glücklich sein. Ich wollte diese Menschen lieben und respektieren wie sie es verdient haben, ich hätte mir gewünscht sie nie zu verletzen. Doch schlussendlich spürte ich wieder einen brennenden Griff um meine Knöchel und den sog der mich wieder an einen Ort brachte, den ich nur zu gern in Flammen aufgehen sehen würde.
Es wäre nicht fair, mir gegenüber, zu sagen, dass es keinerlei Fortschritte gegeben hätte. Generell bin ich heute ein besserer Mensch. Ich bin allgemein glücklicher, ich lache mehr, verbringe mehr Zeit mit Menschen, die ich toll finde. Ich verliere mich nicht mehr so oft in Gedanken die mir Schaden und lasse meinem innerem Untier weniger Freiraum in Momenten, in dem alles zu viel wird. Gefühlt, ist es so, als hätte ich das Monster an der Leine anstatt verängstigt in der Ecke zu sitzen und mich anbellen zu lassen. Es ist weiterhin da, keine Frage, aber jetzt beschränkt sich seine ungezügelte Natur nur noch auf Augenblicke, in denen ich einfach nicht damit gerechnet habe oder wo ich lediglich nicht die Kraft hatte die Schlinge festzuhalten.
Es ist natürlich hervorragend etwas Unabdingbares zu akzeptieren, aber dennoch bleibt es so das es einem schadet. Also was tun? In meinem Fall ist der Ablauf immer der gleiche. Ich starte meine Playlist „Diagnose: Grausyndrom“, die ihrem Namen alle Ehre macht an emotionalen und dunklen Liedern, und beginne zu schreiben. Es gibt so vieles was ich zu Papier bringen muss, Geschichten die ich schon unzählige Male in meinem Kopf zermartert habe und leider scheint es so das die besten Texte nur dann entstehen können, wenn ihr Fundament aus Schmerz besteht. Sobald die letzten Zeilen geschrieben wurde, ist die Welt wieder eine bessere, für den Moment zumindest.
Eigentlich hatte ich beschlossen zu Beginn dieses Textes einen wunderschön formulierten, in Blut geschriebenen Liebesbrief zu verfassen. Zeilen für jemanden der sie vermutlich niemals lesen wird. Doch irgendwo auf dem Weg bin ich scheinbar abgedriftet in eine Analyse meiner selbst. Die Zeilen, die mir eigentlich auf der Zunge brannten, werden folgen, nur nicht heute.

Bis dahin, adioz.