Glücklich sein

Ein klägliches Heulen durchbrach die Stille der Nacht inmitten eines kleinen Hauses, in einer Stadt die nicht weiter bemerkenswert war. Eine der Zimmertüren öffnete sich und eine Gestalt trat in den Gang, ein junger Mann völlig schlaftrunken tastete er sich durch die Finsternis auf die Schreie zu. „Bitte lass hier nicht wieder ’nen Legostein rumliegen“, dachte er sich nur flüchtig als er langsam und mit äußerster Vorsicht sich auf den Weg zu dem Zimmer aufmachte in dem anscheinend gerade die Welt unterging. Schritt für Schritt kam er dem sanften Leuchten das durch den Türschlitz schien näher, müde aber dennoch bereit. Er öffnete die Tür, einem externen Betrachter hätte er leid getan als er durch das Zimmer auf ein winziges Bett zu stapfte. Seine Augen waren verquollen und die Augenringe tief, es war offensichtlich das dies nicht das erste Mal war wo er diesen Weg auf sich nehmen musste. Er war müde ja, aber doch war ein großes breites Grinsen auf sein Gesicht wie eingemeißelt als er sich langsam vorbeugte und ein kleines klagendes Geschöpf aus dem Bett hob und sanft in die Arme schloss.
Er begann leise zu flüstern: „Hab ich dir eigentlich jemals erzählt wie die menschliche Biologie funktioniert?“, die Schreie wurden zu einem Schluchzen und verstummten daraufhin völlig. Nur noch zwei kastanienbraune Augen starten ihn an und kleine hilflose Hände versuchten seinen Bart zu ergreifen.
„Na gut Prinzessin, da ich jetzt eure vollkommene Aufmerksamkeit habe beginne ich wohl jetzt mit meinem Vortrag!“, sagte er und grinste breit in dieses unschuldige Gesicht. „Weißt du? Eltern sind darauf gepolt bei hochfrequenten Schreien auf zu wachen. Genauso wie dein dusseliger Dad gerade eben, weil du nicht einfach brav schlafen kannst. Wir Eltern machen das damit wir unsere Familie vor gefahren schützen können, also so war es zumindest ursprünglich vor einer ganz langen Zeit. Heutzutage ist die Gefahr von einem Säbelzahntiger gefressen zu werden aber eher gering.“ Mit seiner Hand formte er eine Kralle nach und kitzelte Vorsichtig ihren Bauch während er sein Talent bewies die schlechteste Raubkatze aller Zeiten nach zu machen. Er wurde mit einem leichten Lachen belohnt.
Er fuhr fort: „Also das ist nicht ganz richtig, eigentlich sollte deine Mum hier stehen, während ich laut schnarchend fleißig die wilden Tiere fern halte! But.. it’s 2030 Baby! Ganz ehrlich hat sie ein bisschen Ruhe verdient und ich bin froh das sie ausnahmsweise mal nicht aufgewacht ist. Sie hat momentan viel Stress und wenn ich so drüber nachdenke ist es eindeutig Mal wieder an der Zeit ihr Blumen mit zu bringen. Da würde sie sich sicher freuen, was meinst du?“
Er blickte wieder hinab auf das kleine Wunder musste aber feststellen, dass sich anscheinend in den letzten paar Sekunden seine sehr einseitige Konversation zu einem Monolog entwickelt hatte, sie schlief tief und fest. Er flüsterte lächelnd: „Das hast du von deiner Mum, die findet das auch immer entspannend, wenn ich sie einfach nur voll laber, manchmal glaub ich schon ein bisschen das ich euch langweile und ihr einfach nur den leichtesten Ausweg wählt und euch ins Land der Träume flüchtet um mir nicht weiter zuhören zu müssen.“ Er musste selbst kurz über seine Aussage lachen. „Zum Glück hat sie das nicht gehört, sie hätte mich sofort wieder gepiekt für so eine Aussage. Auch wenn ich weiß wie ich dir helfen kann, Prinzessin, wäre es trotzdem super wenn du dir nicht alles von ihr ab gucken würdest, so eine Nacht durchschlafen wäre schon mal wieder amazing! Nimm dir ein Beispiel an deinem großen Bruder!“
Er drehte sich langsam um, zu einem Kinderbettchen in dem ein kleines Kneuel seelenruhig durch dieses Chaos schlief. „No fucks given, ich war noch nie so stolz!“, sagte er und richtete sich leicht auf als würde er gleich salutieren. Er blickte zwischen den beiden hin und her, als wäre es ungerecht gegenüber einem der beiden, wenn sein Blick auch nur eine Sekunde zu lang auf dem anderen wäre. Nach ein paar Sekunden beschloss er allerdings doch das es auch für ihn wieder an der Zeit war schlafen zu gehen und legte die Kleine wieder in ihr Bettchen. Sich auf den Bettrand stützend verabschiedete er sich flüsternd: „Ich erzähl dir noch ein kleines Geheimnis, ihr beiden seid das Beste was mir in meinem Leben je passiert ist. Ich freue mich darauf deinen ersten Freund mit einer Schrottflinte zu jagen, wenn er dir das Herz gebrochen hat. Ich freue mich auf den Tag wo dein Bruder zum ersten Mal zu mir kommt um sich beraten zu lassen, weil er sich so endlos in ein Mädchen verschossen hat. Ich werde für euch beide jeden Tag alles geben bis ihr auf eigenen Beinen steht und danach unterstützen so gut es mir nur möglich ist. Ich hoffe allerdings es ist okey, wenn ihr euch den Thron in meinem Herzen mit eurer Mum teilt, prinzipiell war sie ja zuerst da und ich glaube das es niemanden sonst gäbe mit dem ich diesen Schritt gewagt hätte.“
Er erschrak und sprang zur Seite als sich eine Fingerspitze in seine Seite bohrte. Da stand sie mit einem breiten und frechen Grinsen im Gesicht. „Du hättest nicht aufstehen müssen, hier ist alles unter Kontro… „, sagte er mit einem Hauch von Reue in der Stimme, weil sie nun doch aufgewacht war, doch sie unterbrach ihn mitten im Satz mit einer festen Umarmung. „Du hast halt Recht, ich hör dir nur zu gern zu, selbst um drei Uhr Morgens“, gab sie leise zu. Er drückte sie fest an sich, „du hast also alles gehört, hu?“. Sie nickte sanft, während sie gespannt seinem schnellen Herzschlag lauschte. Man könnte meinen das dieser so schnell war, weil sie ihn erschreckt hatte, doch sie wusste das es nicht so war, sie wusste das es ihre Anwesenheit war die es so kraftvoll und laut schlagen lies. Sie blickte auf, sah ihm in die Augen und fragte: „Bett?“. Er lächelte nur und antwortete: „Bett!“. Sie löste sich von ihm und ging zur Tür, drehte sich um, wartete und reichte ihm die Hand. In diesem Moment wusste er es, als er noch ein letztes Mal durch den Raum blickte um sicher zu gehen das alles in Ordnung war. Er wusste es das dies einer dieser Augenblicke war die man sonst nur aus Filmen und Büchern kannte. Es war ein Moment zum glücklich sein.